Die Angst vorm Nahrungsfett - eine Ernährungsexpertin klärt auf

Bauchspeicheldrüse
Hier sehen Sie Butter und eine Flasche mit Öl, die auf dem Tisch stehen.
Das Fett in unserer Nahrung wird oft verteufelt und gilt aufgrund seiner hohen Energiedichte als der Dickmacher Nummer eins. Neben dem Klebereiweiß Gluten und dem Milchzucker Lactose wird es auch als Auslöser von quälenden Krämpfen und unkontrollierbaren Durchfällen gesehen, die immer wieder nach dem Essen auftreten.

Die Ernährungstherapeutin Dr. rer. nat. Melanie Ferschke, Selters, berichtet aus ihrem Praxisalltag:

Der Leidendruck ist groß, wenn Durchfälle und Blähungen über Monate und Jahre anhalten. Die Betroffenen trauen sich nur unter Menschen, wenn sie wissen, dass eine Toilette vor Ort ist. Kolikartige Schmerzen führen mitunter dazu, dass sie tägliche Arbeiten nicht mehr verrichten können. Wenn Hausmittel nicht helfen, entwickeln viele Betroffene mit der Zeit eine regelrechte Angst vor Nahrungsfett. 

Wie äußert sich die Angst vorm Nahrungsfett?

Zunächst lassen Patienten mit Verdauungsbeschwerden das entsprechende Lebensmittel weg, später auch sichtbares Fett wie Butter und Öl. Zudem weichen sie auf fettreduzierte Lebensmittel aus. Viele verzichten ganz auf Fett.

Welche Folgen hat der Verzicht auf Nahrungsfett?

Fett liefert Energie, es wird zur Erhaltung der Körpertemperatur, zum Schutz der inneren Organe, zum Aufbau der Zellwände und für den Hormonstoffwechsel benötigt. Bei einer Verbannung vom Speiseplan fehlen dem Körper zudem essentielle Fettsäuren, die er nicht selbst herstellen kann. Auch können die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K nicht genutzt werden. Fett ist in den Nahrungsmitteln an Eiweiß gekoppelt. Bei einem Verzicht fehlt dem Körper daher auch Eiweiß für den Muskelaufbau und die Betroffenen werden nicht richtig satt. Aufgrund der einseitigen Ernährung mit den vermeintlich gut verdaulichen Kohlenhydraten, etwa in Nudeln, fühlen sich die Betroffenen aber oft kraftlos und ständig müde.

Was kann man bei einer vermeintlichen Fett-Unverträglichkeit tun?

Zunächst sollte geklärt werden, ob es sich wirklich um eine Unverträglichkeit handelt. Bei etwa 10 Prozent der Magen-Darm-Beschwerden liegt ein Enzymmangel der Bauchspeicheldrüse vor. Dabei ist insbesondere die Fettverdauung gestört. In diesem Fall können die fehlenden Enzyme eingenommen werden. Sie verrichten die Arbeit der körpereigenen Verdauungsenzyme und die Beschwerden bessern sich. Ein Verzicht auf Fett ist nicht notwendig.

Was sollte man bei der Einnahme von Verdauungsenzymen bedenken?

Die Enzyme sollten zu allen fetthaltigen Mahlzeiten und milch- bzw. sahnehaltigen Getränken eingenommen und die Enzymmenge auf das Essen und die Schwere der Erkrankung abgestimmt werden. Jeder muss für sich ausprobieren, ob die empfohlene Enzymmenge ausreicht. Hilfreich ist dabei ein Tagebuch, in dem Essen, Enzymmenge und Beschwerden nach dem Essen notiert werden. 

Welche Verdauungsenzyme können eingesetzt werden?

Lipase, Amylase und Protease zur Verdauung der Hauptnährstoffe Fett, Kohlenhydrate und Eiweiß. In der Apotheke gibt es Verdauungsenzyme aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen (Pankreatin) oder aus Reispilzen (Rizoenzyme). Für die Akzeptanz und den Erfolg der Behandlung kann es förderlich sein, wenn ein Präparat gewählt wird, das den eigenen Bedürfnissen entspricht. Die vegetarischen Rizoenzyme in einer kleinen, gelatinefreien Cellulose-Kapsel sind oft die Wahl für Menschen, die keine Arzneimittel mit tierischen Wirkstoffen einnehmen möchten oder Schluckbeschwerden haben.